Ein kleiner geschichtlicher Einblick in das Schützenwesen
(von S. Fehlker)
Der folgende Text soll keine genaue historische Analyse des Schützenwesens sein, sondern ein kleiner Einblick in einige interessante und unterhaltsame Aspekte aus der jahrhunderte langen Geschichte von Vereinen und Festen. Wenn sich auch die meisten Informationen auf ganz Westfalen bzw. das Münsterland beziehen, so wird doch immer wieder versucht, einen kleinen Vergleich zu unserem Welbergener Schützenverein und seiner Geschichte und Traditionen gezogen. Dabei erhält der Leser hoffentlich ganz neue Sichtweisen auf Bräuche und Entwicklungen, insbesondere wenn man deren historischen Ursprung erkennt. Aber in erster Linie sollen die folgend Informationen doch unterhalten. Daher wünschen wir bei der Lektüre viel Spaß! |
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1. Von den Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters |
2. Schützenvereine im 16. und 17. Jahrhundert |
3. Aufgaben der Schützenvereine in der Frühen Neuzeit |
4. Das Vogelschießen und der Schützenkönig |
5. Das Schützenfest |
6. Gesetze und Verordnungen zum Schützenwesen von 1533 bis 1717 |
7. Literatur |
1. Von den Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters |
Wenn man sich mit der Geschichte des Schützenwesens beschäftigt, muss man zwischen zwei sehr unterschiedlichen Entwicklungslinien unterscheiden, zwischen denen in den Städten und denen auf dem Land. Da Welbergen - noch heute ein Dorf - zur damaligen Zeit mit hoher Sicherheit lediglich eine ländliche Siedlung, wenn nicht gar nur Bauerschaft war, so soll im Weiteren die Entwicklung auf dem Land geschildert werden.
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2. Schützenvereine im 16. und 17. Jahrhundert |
Im Laufe des 16. Jahrhundert tritt der ursprüngliche Zweck des Vogelschießens als militärische Übung in den Hintergrund, der Hauptinhalt der Schützengesellschaften ist das "Schmausen und Trinken" im Zuge der althergebrachten Beisammenkünfte. So ist auch das alte Aufgebot der Bauern als Landwehr seit dem Auftreten der Söldnerheere zu Beginn des 16. Jahrhunderts kaum in Erscheinung getreten. Und auf die Wehrhaftigkeit der Landbevölkerung wurde seitens des Landesherrn kaum noch wert gelegt
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3. Aufgaben der Schützenvereine in der Frühen Neuzeit |
Im vorausgegangenen Abschnitt wurden bereits einige Aufgaben der Schützenvereine genannt, vor allem die der Verteidigung des eigenen Besitzes und die Ausbildung der Bauern im Umgang mit den Waffen. Aber neben diesen und weiteren militärischen Aspekten oblagen den Schützen weitere Betätigungsfelder, denen wir uns im kommenden Teil widmen wollen.
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4. Das Vogelschießen und der Schützenkönig |
In den vorausgegangenen Abschnitten wurde mehrmals erwähnt, dass neben den Schießübungen bei vielen Vereinen ein Vogelschießen abgehalten wurde, das auch der eigentliche Höhepunkt der Schützenfeste war und auch immer noch ist. Der Ursprung dessen dürfte wohl darin gelegen haben, dass bei den Übungen ein Preisschießen als Anreiz geschaffen wurde, aus dem sich ein zumeist jährliches Vogelschießen entwickelte. Schon im Mittelalter wurde auf einen Vogel auf einer Stange geschossen und derjenige, der ihn zu Fall brachte wurde der Schützenkönig genannt. Zwar ist diese Art der Benennung die am weitesten geläufige, doch nicht die einzige. Damals war es in einigen Gebieten durchaus auch Brauch, den "Besten" Schützenmeister zu nennen. Aber auch bei der Art des Schießen gab es regionale Besonderheiten in Westfalen: Während im 17. und 18. Jahrhundert im Münsterland und im kurkölnischen Sauerland das Vogelschießen die Regel war, war man z.B. im Paderbornerland auf das Schießen auf Zielscheiben übergegangen, wie man sie sonst auch beim Übungsschießen verwendete.
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5. Das Schützenfest |
Das Schützenfest, das neben dem eigentlichen Vogelschießen auch weitere Veranstaltungen wie abendliche Feiern umfasst, hat seine Wurzeln auch schon in frühester Zeit. So liegt der Ursprung des "Zech" oder "Gelags", wie es damals hieß, in den Gildebieren des Mittelalters. Dies waren regelmäßige Feste einer Gilde, die insbesondere aus einem Umtrunk, dem Gildebier, und einem Festschmaus bestanden. Eine Gilde war damals ein bäuerlicher Zusammenschluss ui einer Arbeits- und Lebensgemeinschaft, wobei sich jedoch das "Gildefest" oder "Gildebier" später in größerem Rahmen der gesamten Bauernschaft gefeiert wurden.
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6. Gesetze und Verordnungen zum Schützenwesen von 1533 bis 1717 |
Im Folgenden werden einige Verordnungen bzw. Gesetze vorgestellt, die ihm oben genannten Zeitraum von den Landesherren der Fürstbistümer Münster und Köln, die oftmals zu der Zeit in Personalunion regiert wurden, und des Herzogtums Cleve erlassen wurden. Diese versuchten, wie man sehen wird, oftmals die Gesellschaften zu reglementieren, aber auch Auswüchse bei den Feiern zu begrenzen. Da Welbergen zu dieser Zeit zum Fürstbistum Münster gehörte, dürften diese auch oftmals Bedeutung für die Welbergener gehabt haben. In wie weit sie diese jedoch tatsächlich beeinflussten, lässt sich nicht klären. (Quelle der Verordnungen: Plett, Schützenvereine, S. 518-521. Genauere Literaturangabe siehe unten.) |
1533: | Verbot der Errichtung neuer "Schützereien" |
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1538: | "Anordnung" von "Schützenrotten" zu Streifzügen gegen "Gesindel" (Mordbrenner, Wiedertäufer, Bettler, Zigeuner, Heiden, etc.) |
1566: | Handhabung der öffentlichen Sicherheit durch "angeordnete Schützen" |
1569: | Wegen der gefährlichen Zeiten sollen in Städten und Dörfern Vogelstangen aufgestellt werden und an den Feiertagen Schießübungen abgehalten werden. (Anm.: Mit den gefährlichen Zeiten wird wahrscheinlich auf den Ausbruch des Niederländischen Freiheitskrieges 1568 angesprochen, der auch unmittelbare Auswirklungen auf den westlichen Teil Westfalens hatte). |
1578: | "Die […] die häufigen Zusammenkünfte und Schwelgereinen der Unterthanen, bei […] Vogelschießen u.a. Veranlassungen, beschränkende Polizei-Ordnung wird wörtlich erneuert und soll dieselbe von den stistischen Beamten, durch Verwirklichung der darin festgesetzten Strafen für Entgegenhandlungen, strenger wie bisher gehandhabt werden." |
1617: | "Bei der großen Unsicherheit des Rheinstromes und der Landstraßen, welche durch die Räubereien und Plünderungen der in den Nachbarlanden entlassenen Kriegsvölker aufs Höchste gesteigert wird, werden die erzstift-rheinischen Lokalbehörden angewiesen, mit Zuziehung der ausgesetzten Schützen und ihrer und der churfürstlichen Truppen gegenseitigen […] Assistenz, dergleichen streifendes Gesindel und verdächtiges Reiter- und Fußvolk mit gewaffneter Hand zu verfolgen und dasselbe, wenn es sich nicht durch gehörige Pässe legitimieren kann […] zu verhaften." (Anm.: Die entlassenen Kriegsvölker sind wohl auf den Waffenstillstand zwischen den Niederländern und den Spaniern im Niederländischen Freiheitskrieg zurückzuführen, der somit zigtausende Söldner quasi in die Arbeitslosigkeit schickte, und die sich nun ihren Lebensunterhalt mit Plünderungen u. ä. bestritten.) |
1628: | "Behufs der zur Erhaltung des Wohlstandes der Unterthanen dringend nöthigen weiteren Beschränkung ihrer häufigen Zusammenkünfte und schwelgerischen Gelage wird landesherrlich verordnet: (…) |
1633: | Einsatz der Schützen zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit: "worauf die jeden Ortes ausgewählten Schützen ausrücken und das auf böser That ertappte Gesindel verfolgen, verhaften oder bei Widersetzlichkeiten tödten sollen;" […] "und daß die wechselseitigen Schützen sich vereinigen, auch die Verhafteten an die Obrigkeit des Ortes, wo die Gefangennehmung geschehen ist, abliefern sollen;" |
1658: | Da das Vogelschießen "aus abergläubischen Wesen herrühret" und nicht so sehr übt wie das Scheibenschießen, soll es überall durch dieses ersetzt werden. (Anm.: Anscheinend hat sich diese Verordnung nicht durchgesetzt, zumindest nicht dauerhaft.) |
1684: | Einsatz der Schützen zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit gegen Räuber, Diebe, vagabundierende Soldaten und anderes Gesindel. |
1690: | Das Scheibenschießen wird an Sonn-, Fest- und Bettagen verboten. Die diversen Bestimmungen zum Verbot des Schießens bei Prozessionen und ähnlichen Anlässen werden im folgenden nicht erneut aufgeführt. |
1707: | Verordnung zur Einschränkung von "Excessen" und "unzulässigen Unordnungen" beim "Schüttenspiel und Scheibenschießen". |
1714: | "Bei der obwaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit durch die nach erlangtem Frieden entlassenen Kriegsvölker, wird […] befohlen, durch das Militair und durch bewaffnete Schützen unablässig patrouillieren zu lassen und das betroffene Gesindel zu verhaften […]." |
1715: | Die jährlichen Scheibenschießen sind eine nützliche Übung, Missbräuche werden aber bei Strafandrohung verboten. |
1717: | Scheibenschieß-Gelage und vor allem Einladung von Frauen dazu sind bei Strafe untersagt. (Anm.: Heute wäre ein Schützenfest ohne Frauen undenkbar...) |
7. Literatur |
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Brockspähler, W., Brauchtum der westfälischen Schützengesellscahften, in: W. Schulte (Hrsg.): Westfälisches Schützenwesen. Beiträge zur Geschichte und zum Brauchtum der Schützengesellschaften in Westfalen, Ahlen 1953 (= Westfälische Reihe 2), S. 22- 44. |